Datum:   17.05.1999
Ressort:   Vermischtes
Autor:   Kerstin Krupp

Markenzeichen Schottenkaro

Die Bay City Rollers, Teenie-Stars der 70er Jahre, bereiten ihr Comeback vor

BERLIN, 16. Mai. Highlander sind unsterblich. Erbarmungslos tauchen die fast Vergessenen irgendwann wieder aus dem schottischen Nebel auf. Gewandet in das übliche Stammes-Karo bereiten sich derzeit die Bay City Rollers auf ihre Wiederauferstehung vor. Aus Fan-Kreisen ist zu hören, daß die fünf Musiker Les McKeown, Eric Faulkner, Woody Stuart sowie Alan und Derek Longmuir derzeit in Manchester im Studio bei den Aufnahmen neuer Stücke schwitzen. Als Erscheinungsdatum der CD wird der Juni gehandelt. Sogar einige Live-Auftritte sollen die Alt-Teenie-Rocker planen. Die allerdings ohne den blonden Derek. Der Drummer ließ mitteilen, er ziehe sein bescheidenes Leben als Krankenpfleger dem Starrummel vor.

Als erste britische Boyband ließen die Bay City Rollers Mitte der 70er Jahre Teenie-Mädchen rund um den Globus in Ohnmacht fallen. Als Markenzeichen trugen die Jungs aus Edinburghs Arbeitervierteln Hochwasserhosen, Turnschuhe, Schals natürlich in schottischem Karo. Das kitschige Marketingkonzept ging auf und ließ die milchgesichtigen Rocker zwei Jahrzehnte vor Take That zu Hauptdarstellern in Mädchen-Träumen aufsteigen.

Zwischen 1975 und 1978 landeten die Bay City Rollers allein in den USA 18 Top Five Hits mit Titeln wie "Bye Bye Baby", "Shang-a-lang" oder "Love me like I love you". Unvergessen sind die Songs allerdings wohl nur bei den Roller-Maniacs und einigen Pop-Historikern. Immerhin können die Rollers für sich verbuchen, daß sie als erste Band nach den Rolling Stones und den Beatles ihren in Großbritannien erzielten Erfolg in den USA und Japan wiederholen konnten. Das ist neben den kreischenden Mädchen die einzige Parallele zwischen dem Marketing-Produkt BCR und ihren berühmten Rock-Kollegen. Den Großteil ihrer Hits bekamen die schottischen Jungs gebrauchsfertig von der Plattenfirma Arista Records vorgesetzt.

Die kindgerechte Rockmusik hätte sicherlich länger erfolgreich sein können, doch nach vier Jahren zerstritten sich die Teenie-Stars. Sänger Les McKeown verließ 1978 die Band, weil er seinen ehemaligen Kumpel, den Gitarristen Eric Faulkner, nicht mehr sehen konnte. Hinzu kam ein Streit um 120 Millionen Pfund Geld, das die Musiker mit Auftritten und Plattenverkäufen verdient haben sollen, aber angeblich nie zu Gesicht bekamen. In einer Schlammschlacht beschuldigten sich die fünf gegenseitig, die Millionen eingesackt zu haben.

Und fast 20 Jahre mußten verstreichen, bevor ein Roller wieder für Schlagzeilen sorgte allerdings nicht mit Musik. Eric Faulkner bewahrte 1989 einen Rentner vor dem Selbstmord. Der Legende nach soll Faulkner den Mann mit den Worten ermutigt haben: "Du denkst wirklich, du hast Probleme? Was soll ich erst sagen, ich habe mal Gitarre bei den Bay City Rollers gespielt."

Längst hätten die fünf Ex-Teenie-Stars aus ihrem einstigen Ruhm Profit schlagen können. Oldie-Kollegen wie Suzi Quatro oder Status Quo profitierten vom 70er-Jahre-Revival und tingelten von Festival zu Festival. Doch die Streithähne McKeown und Faulkner weigerten sich hartnäckig, sich zu versöhnen. McKeown zettelte 1992 sogar noch einen Gerichtsstreit darüber an, wer den Namen Bay City Rollers weiter nutzen darf. Faulkner gewann.

Plötzlich soll das alles Vergangenheit sein. Friedlich wie in alten Tagen sitzen McKeown und Faulkner in einer aktuellen BBC-Dokumentation nebeneinander auf einem Sofa. "Wir sind wieder Freunde", sagt Faulkner. Selbst eingefleischte Fans sind skeptisch ob dieser plötzlichen Roller-Harmonie. "Die bekommen die vermißten 120 Millionen nur, wenn sie wieder gemeinsam eine Platte machen", vermutet Gerd Büsken, der eine gutbesuchte Bay-City-Rollers-Homepage im Internet unterhält. Ex-Manager Tom Paton hat nur ein müdes Lächeln für seine ehemaligen Schützlinge übrig. "Wie wollen die denn auftreten, mit karierten Hosen und Plateausohlen?"

Bei aller Häme kann die Reunion der in die Jahre gekommenen Musiker immerhin vielen Mädchen Trost spenden. Tausende, die heute noch Take That nachweinen oder eine Trennung der Backstreet Boys befürchten, können sicher sein: Sie kommen wieder. Irgendwann.